Social Media für Ärztinnen und Ärzte: Wie TikTok das Gesundheitswesen beeinflusst

Illustration von Händen, die ein Smartphone halten, auf dem eine Person im Laborkittel zu sehen ist, um die herum Social-Media-Symbole für YouTube, LinkedIn, Twitter, Facebook, TikTok und Instagram schweben.

Die sozialen Medien prägen zunehmend die Art und Weise, wie Ärzte mit medizinischen Informationen sowie der beruflichen Vernetzung umgehen und mit ihren Patienten interagieren.

Insbesondere TikTok hat sich zur führenden Plattform für medizinische Influencer entwickelt. So wie Dr. Austin Chiang (@austinchiangmd) mit mehr als 571.000 Followern und 21,7 Millionen Likes.1 Als Chief Medical Officer von Medtronic Endoscopy und Spezialist für gastrointestinale Erkrankungen veranschaulicht er auf TikTok, wie Ärztinnen und Ärzte diese Plattformen nutzen, um die Öffentlichkeit aufzuklären und sich in neuer Form in medizinische Diskussionen einzubringen.

Die Rolle von Ärzten und sozialen Medien polarisiert jedoch nach wie vor. Bei einer Umfrage zu ihrer Nutzung von TikTok für Informationen, die sich auf das Gesundheitswesen beziehen, zeigte sich eine Aufteilung der Ärzte von nahezu 50/50:

  • 21% nutzen es täglich
  • 12 % nutzen es wöchentlich
  • 4 % nutzen es monatlich
  • 16 % nutzen es selten
  • 47 % nutzen es nie2

Das wirft natürlich kritische Fragen auf: Was motiviert Ärzte dazu, soziale Medien zu nutzen und was hält andere davon ab, sich damit zu beschäftigen? Sind die sozialen Medien ein effektives Tool für das berufliche Wachstum und die Aufklärung von Patienten oder sind sie eine Quelle von Fehlinformation und Glaubwürdigkeitsrisiken?

Mit Hilfe der Daten aus einer Sermo-Umfrage und den Ansichten von Ärztinnen und Ärzten untersucht dieser Artikel die sich weiterentwickelnde Rolle der sozialen Medien im Gesundheitswesen.

Wie Ärzte soziale Medien nutzen

Ein Arzt in einem weißen Kittel nimmt auf einem Smartphone, das an einem Stativ befestigt ist, ein TikTok-Video auf, was medizinische Fachkenntnis im Praxisumfeld vermittelt.

Welche sozialen Medien eignen sich für Ärzte am besten?

Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter Ärzten auf Sermo zeigt, dass sie sich mit verschiedenen Social Media-Plattformen beschäftigen, aber dass jede Plattform einem einzigartigen Zweck dient:

  • Facebook (23 %)
  • Instagram (20 %)
  • Twitter/X (9 %)
  • TikTok (5 %)
  • LinkedIn (16 %)
  • Sermo (26 %) (eine Plattform speziell für die medizinische Community)2

Was sind also die besten sozialen Medien für Ärzte? Das relativ geringe Engagement bei TikTok (5 %) und das starke Engagement bei Sermo (26 %)2 legt nahe, dass – obwohl die Mainstream-Plattformen unter den sozialen Medien Ärztinnen und Ärzte ansprechen – viele von ihnen spezialisierte Netzwerke für berufliche Diskussionen bevorzugen.

Was ist für Ärztinnen und Ärzte der beste Weg für Social Media-Marketing?

Ihre persönliche Marke wird großen Einfluss darauf haben, welchen Ansatz Sie verfolgen. Aus den Diskussionen auf Sermo ergibt sich, dass Ärzte die sozialen Medien auf folgende Weise nutzen:

  • Berufliche Entwicklung & Networking: Über medizinische Recherchen, Networking und Gespräche unter Fachkollegen auf dem Laufenden bleiben. “Social Media bieten Möglichkeiten zur Vernetzung mit Fachkollegen, für den Erfahrungsaustausch und das Einholen von Ratschlägen bei einem umfassenden Netzwerk von Experten.3” – Allgemeinmediziner auf Sermo
  • Schulung & Aufklärung von Patienten: Mythen ein Ende bereiten und zuverlässige medizinische Informationen bereitstellen. “Ich habe eine Online-Community geschaffen, in der ich verifizierte Informationen über Ernährung und Wellness teile, Fragen meiner Follower direkt beantworte und zu gesunden Gewohnheiten ermutige.3” – Allgemeinmediziner auf Sermo
  • Aufbau & Unterstützung einer Community: Interaktion mit Patientengruppen und unterversorgten Gemeinschaften. “Facebook-Gruppen für Patienten, die an einer bestimmten Erkrankung leiden, können ihnen helfen, ihre Behandlungserfahrungen zu teilen.3” – Anästhesist auf Sermo
  • Marketing & Praxiswachstum: Steigerung der beruflichen Präsenz und Gewinnen neuer Patienten.
  • Fehlinformation bekämpfen: Falsche medizinische Behauptungen ansprechen und irreführende Narrative korrigieren.2

Die Kommentare im Umfeld der Sermo-Umfrage zeigen, dass die sozialen Medien verschiedenen Ärzten zu verschiedenen Zwecken dienen. Diejenigen, die sie aktiv nutzen, sehen ihren Wert in der Aufklärung, Vernetzung und dem Kontakt zu den Patienten, während diejenigen, die sie meiden, mehr Risiken als Vorteile wahrnehmen.

Die Vor- und Nachteile, wenn Ärzte Social Media nutzen

Ein Brille tragender Mann in einem weißen Kittel blättert auf seinem Smartphone TikTok durch, neben ihm ein geöffneter Laptop.

Vorteile: Schaffung von Bewusstsein und Kommunikation im Gesundheitswesen

Als Ärzte zum primären Einfluss von TikTok und ähnlichen Plattformen im Gesundheitswesen befragt wurden, haben sie verschiedene Vorteile hervorgehoben:

  • 25 % nannten das öffentliche Bewusstsein für medizinische Probleme
  • 9 % nannten die Stärkung der Kommunikation zwischen Arzt und Patient
  • 8 % nannten die Förderung der beruflichen Zusammenarbeit2

Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Untergruppe von Ärzten die Rolle der sozialen Medien bezüglich der Demokratisierung medizinischer Kenntnisse anerkennt. Wie ein Allgemeinmediziner auf Sermo erläutert: “Soziale Netzwerke können ein hervorragendes Medium sein, um der Öffentlichkeit Botschaften zur Prävention zu vermitteln.3

Das ist besonders für junge Zielgruppen wichtig, die TikTok wegen medizinischer Informationen zu Rate ziehen. Ein Sermo-Mitglied (Sportmediziner) merkt an: “Soziale Netzwerke können meiner Meinung nach ein geeignetes Mittel sein, um der allgemeinen Bevölkerung Gesundheitsfragen zu vermitteln, besonders jungen Menschen.3

Nachteile: Was ist das größte Risiko der Nutzung sozialer Medien als klinische Orientierungshilfe?

43 % der Ärztinnen und Ärzte sind der Meinung, dass TikTok Fehlinformationen über Behandlungen verbreitet, was das am häufigsten zitierte Problem darstellt.2 Als sie zu den größten Risiken des Engagements eines Arztes auf TikTok befragt wurden, waren die Antworten:

  • 35 % – Risiko der Verbreitung von Fehlinformationen
  • 24 % – Untergraben der beruflichen Glaubwürdigkeit
  • 24 % – Allzu starke Vereinfachung medizinischer Inhalte
  • 14 % – Verletzung des Patienten-Datenschutzes2

Ärzte wie ein Sermo-Mitglied (Rheumatologe) warnen: “Informationen, die in den sozialen Medien verfügbar sind, sind normalerweise beschränkt und vereinfachen stark die medizinische Entscheidungsfindung und Diagnose.3” Ein Sermo-Mitglied aus dem Bereich der Arbeitsmedizin führt in ähnlicher Weise aus: “Es kann sehr schwierig sein, in den sozialen Medien zwischen zuverlässigen und unzuverlässigen Informationsquellen zu unterscheiden.3

Während soziale Medien eine zuverlässige medizinische Aufklärung verstärken können, ist es ebenso möglich, dass sie komplexe medizinische Konzepte verfälschen, was zu falsch informierten Entscheidungen von Patienten führt. Die virale Natur der sozialen Medien belohnt Engagement gegenüber Genauigkeit, was bedeutet, dass vereinfachte oder im Stil von Boulevardmedien verfasste medizinische Ratschläge nuancierte, evidenzbasierte Informationen überschatten können.

Darüber hinaus können Patienten Schwierigkeiten haben, zwischen glaubwürdigen Quellen und anekdotenhaften Erfahrungen zu unterscheiden, was zu einer erhöhten Skepsis gegenüber medizinischen Fachkräften und einem Verlust des Vertrauens in etablierte Praktiken im Gesundheitswesen führt.

Unterstützen Ärzte ein TikTok-Verbot?

Die US-Regierung hat TikTok kürzlich verboten und das Verbot dann wieder aufgehoben4 Sicherheitsbedenken entfachten unter Ärzten eine Debatte über deren Einfluss auf die Kommunikation im Gesundheitswesen.

Während einige Ärzte auf Sermo die Entscheidung begrüßten, TikTok als Quelle von Fehlinformationen und potenziellen Sicherheitsrisiken zu betrachten, haben andere in Frage gestellt, ob das Verbot der Plattform das eigentliche Problem angeht: die Fehlinformationen selbst.

  • 23 % unterstützten das Verbot unter Berufung auf positive Auswirkungen
  • 29 % sagten, es hätte keine Auswirkungen
  • 10 % waren wegen des Verbots verärgert2

Die Ansichten der Ärzte in der Sermo-Community waren breitgefächert:

  • “TikTok sollte vom Planeten verschwinden.3” – Sermo-Mitglied (Neurologie)
  • “Das Verbot von TikTok ist nur ein Pflaster und wird das Problem nicht lösen. Wir brauchen aktive Kampagnen gegen Fehlinformationen und keine passiven Maßnahmen, wie das Verbot einer einzelnen Plattform.3” – Mitglied im Bereich der Neurologie

Es ist klar, dass viele Ärzte erkennen, dass Fehlinformationen nicht auf eine einzige Plattform beschränkt sind. Das Verbot von TikTok kann vorübergehend einen Zugang zu irreführenden Inhalten entfernen, aber ohne umfassendere Medienkompetenz und -regulierung werden Fehlinformationen auf anderen Plattformen bestehen.

Anstatt sich auf das Verbot von Plattformen zu konzentrieren, argumentieren einige, dass es ein effektiverer Ansatz wäre, die digitale Gesundheitserziehung zu stärken, kritische Denkfähigkeiten zu fördern und sicherzustellen, dass glaubwürdige Medizinexperten in Online-Räumen präsent und aktiv sind. Dieser Ansatz könnte Fehlinformationen an deren Quelle entgegenwirken, anstatt sie einfach woandershin zu verschieben.

Vier medizinische Fachkräfte, wahrscheinlich prominente Ärzte auf TikTok, stehen diskutierend auf einer Treppe. Zwei in weißen Kitteln und zwei in blauen OP-Kitteln, einer hält ein Tablet und ein anderer einen blauen Ordner; wahrscheinlich unterhalten sie sich über den nächsten viralen Social Media Post.

Neue Plattformen und die Zukunft der sozialen Medien im Gesundheitswesen

Da TikTok mit einer genauen Überprüfung konfrontiert ist, suchen einige Ärzte nach alternativen Plattformen, die gegenüber Algorithmus-gesteuerten, viralen Inhalten eine strukturiertere, zuverlässigere Diskussion ermöglichen.

Während 14 % der befragten Ärzte sehr daran interessiert sind, Bluesky als Rivalen von X (Twitter) bezüglich medizinischer Erkenntnisse zu erforschen und 26 % daran einigermaßen interessiert sind, bleiben immerhin 26 % neutral2, was darauf hinweist, dass sich die Zukunft der sozialen Medien im Gesundheitswesen immer noch im Wandel befindet.

Viele Ärzte bevorzugen berufsbezogene Netzwerke wie LinkedIn und Sermo, wenn es um klar umrissene Diskussionen und einen evidenzbasierten Austausch geht, wie von diesem Sermo-Mitglied aus der Notfallmedizin beschrieben: “Ich nutze LinkedIn, da ich es für eine zuverlässige Informationsquelle halte.3

Es bleibt jedoch Skepsis angebracht, ob neue Plattformen die Risiken, die mit dem Social Media-Engagement verbunden sind, wirklich mindern können. Die fehlende Regulierung der sich abzeichnenden Plattformen und das Risiko von Echokammern könnten immer noch das Aufblühen von Fehlinformationen in verschiedenen Formen ermöglichen. Einige Ärzte befürchten, dass Fehlinformationen ohne angemessene Moderation und Verifizierungsmechanismen weiterhin bestehen und nur den Standort wechseln könnten, anstatt eliminiert zu werden.

Die Kernpunkte

Die Rolle der sozialen Medien im Gesundheitswesen ist komplex. Sie können aufklären oder irreführen, Glaubwürdigkeit aufbauen oder Vertrauen untergraben. Ärzte haben die Verantwortung, diese Plattformen ethisch zu nutzen.

Wichtige Erkenntnisse aus der Sermo-Community von Ärztinnen und Ärzten:

„Wir müssen ein Gleichgewicht zwischen der Bereitstellung eines angemessenen Gesundheitswesens und dem Einfluss der Social Media-Kanäle als Brückenschlag zu Informationen finden.3
– Ein Sermo-Mitglied (Allgemeinmediziner)

„Soziale Medien können zur Bereitstellung medizinischer Informationen nicht ohne Filter verwendet werden.3
– Allgemeinmediziner auf Sermo

„Ärzte sollten Vorreiter bei der Verbreitung von verifizierten Gesundheitsinformationen sein.3
– Sermo-Mitglied (Pädiatrie)

Soziale Medien sind von Natur aus nicht gut oder schlecht—es hängt davon ab, wie sie verwendet werden. Für Ärzte kann die verantwortungsvolle Nutzung dieser Plattformen zu einem gesteigerten Wissensaustausch und zur verbesserten Aufklärung von Patienten führen sowie Fehlinformationen entgegenwirken. Allerdings sind die sorgfältige Auswahl der Plattform und die Überprüfung der Inhalte weiterhin entscheidend, um die Glaubwürdigkeit im digitalen Zeitalter zu gewährleisten. Wird dieser Weg beschritten und die Öffentlichkeit gewonnen, können Ärzte der nächste erfolgreiche TikTok-Arzt wie Dr. Chiang werden.

Die Zukunft der sozialen Medien im Gesundheitswesen wird wahrscheinlich davon abhängen, Zugänglichkeit, Regulierung und fachlichen Diskurs ins Gleichgewicht zu bringen, um sicherzustellen, dass das Online-Engagement in der Medizin sowohl informativ als auch verantwortungsbewusst bleibt.

Beteiligen Sie sich auf Sermo an der Diskussion

Die sozialen Medien verändern die Art und Weise, wie Ärzte mit Patienten interagieren, Erkenntnisse teilen und zusammenarbeiten—aber wie können sich Ärzte am besten in den sozialen Medien engagieren?

Beteiligen Sie sich an dieser laufenden Diskussion auf Sermo, einer globalen Community von Ärztinnen und Ärzten, in der Einblicke unter Fachkollegen geteilt, Fälle aus der klinischen Praxis diskutiert und an Umfragen unter Fachkollegen teilgenommen werden kann, um informiert und vernetzt zu bleiben.

Footnotes

  1. Chiang, A., 2024. TikTok-Profil.
  2. Sermo, 2024. Auswirkung von Social Media auf die Praktiken im Gesundheitswesen [Poll]. Sermo Community.
  3. Sermo-Mitglied, 2024. Kommentar zur Auswirkung von Social Media auf die Praktiken im Gesundheitswesen [Poll]. Sermo-Community [Private online forum].
  4. DW News, 2024. Wochen nach dem Aufschub des Verbots durch Trump ist TikTok in die US-App Stores zurückgekehrt.