Was macht einen guten Arzt aus? 9 Soft Skills für jeden Arzt

Was die Qualitäten eines guten Arztes definiert, hängt weitgehend davon ab, mit wem Sie sprechen. Jede Patientenpopulation, jede Region und jeder kulturelle Kontext kann von Empathie bis Kommunikation einzigartige Merkmale erfordern.

Aber egal wo Sie sind, es gibt bestimmte Wesenszüge, die in allen Bereichen mit dem persönlichen und beruflichen Erfolg von Ärzten einhergehen. 

Hier ist ein Leitfaden für neun der wichtigsten Qualitäten eines Arztes, der nebenbei einzigartige Sichtweisen von Ärzten vermittelt.

Die 9 wichtigsten Qualitäten eines guten Arztes

Die folgenden Wesenszüge tragen zur Kompetenz eines Arztes bei. Die Literatur verbindet diese Wesenszüge eng mit verschiedenen positiven persönlichen und klinischen Ergebnissen — einschließlich gesteigerter beruflicher Zufriedenheit, verbesserter Patientenergebnisse und verbesserter Stabilität der Organisation.

1. Kommunikationsfähigkeiten

Für ungefähr die Hälfte (45 %) der Sermo-Ärzte ist die Kommunikation der wichtigste Bestandteil der Arzt-Patient-Beziehung.​ Forscher assoziieren eine starke Kommunikation ebenso mit einer verbesserten organisatorischen Gesundheit und einer hochwertigen Betreuung von Patienten

Ein anderes Sermo-Mitglied hat diesen Ratschlag: “Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin und fragen Sie immer nach, falls Zweifel bestehen. Es sollte eine einfache und eindeutige Sprache verwendet werden, die der Person angepasst ist, der Informationen vermittelt werden.”

2. Gewissenhaftigkeit

Gewissenhaftigkeit, die sowohl durch die Ausbildung als auch in der Praxis erworben wird, ist für Ärzte ein notwendiger Wesenszug. Forscher identifizierten Gewissenhaftigkeit, zusammen mit Kompetenz und einer fürsorglichen Veranlagung, als einen fundamentalen Wesenszug erfolgreicher Ärzte. Forscher assoziieren die Gewissenhaftigkeit eines Arztes ebenso mit einer verbesserten Zufriedenheit der Patienten. 

Ärztinnen und Ärzte sollten jedoch wachsam sein. Sehr gewissenhafte Personen können ein größeres Burnout-Risiko aufweisen und Ärzte weisen eine ausgeprägtere Gewissenhaftigkeit auf, als Personen, die keine Ärzte sind. Darüber hinaus ergab eine Umfrage unter mehr als 900 Ärzten weltweit, dass 88 % persönliche Zeit und Erfahrungen für ihren Beruf opfern. 

Obwohl ein gewisses Maß an Opferbereitschaft notwendig ist, sollten Ärzte ihr eigenes Wohlergehen priorisieren. So wie es ein Sermo-Mitglied (Familienmediziner) ausdrückt: “Wenn sich die Mitarbeiter im Gesundheitswesen nicht in guter mentaler Verfassung befinden, können Patienten nicht die Versorgung erhalten, die sie benötigen.”

3. Empathie

Empathie treibt viele Ärztinnen und Ärzte an und ist ein zentraler Bestandteil dessen, was einen guten Arzt ausmacht. Einer Sermo-Umfrage zur beruflichen Motivation zufolge geben 46 % der Ärzte an, dass der Wunsch, anderen zu helfen, der Hauptgrund war, warum sie sich für die Medizin entschieden haben. 

Diese Empfindung wird von der medizinischen Community weithin akzeptiert. Nahezu 60 % der Sermo-Ärzte geben Empathie als wichtigsten Bestandteil der effektiven Kommunikation mit Patienten an. Darüber hinaus assoziieren Forscher die Empathie eines Arztes nachdrücklich mit verbesserter Patientenzufriedenheit und besseren klinischen Ergebnissen

Ein anderer Arzt auf Sermo hält diesen Ratschlag bereit: “Behandeln Sie alle Patienten gleich, unabhängig von Herkunft, sozialer Klasse, Religion, Überzeugungen, Lebensstil… Der Arzt muss Patienten behandeln, nicht beurteilen. Die Informationen müssen immer aufrichtig und ehrlich sein.”

4. Systemzugehörigkeit

Der Erfolg eines Arztes hängt weniger davon ab, quasi als Nachschlagewerk zu fungieren, sondern mehr von der Anwendung eines Systemdenkens, um auf die miteinander verbundenen Bedürfnisse der Patienten, der Bevölkerung und des Gesundheitssystems einzugehen. Wir können das als Systemzugehörigkeit betrachten. 

Die Systemzugehörigkeit erkennt jeden Arzt als integralen Bestandteil eines gemeinsamen Ökosystems an. Sie ruft nach kollektiver Verantwortung, ineinandergreifender Zusammenarbeit und kontinuierlicher Verbesserung. Ärzte, die Bürger eines Systems sind, verbessern die Patientenversorgung und positionieren sich so, dass sie den sich entwickelnden Herausforderungen im Gesundheitswesen begegnen können. 

Forscher von Virginia Tech, Penn State, Kaiser Permanente, Allegheny Health Network und Geisinger befragten Assistenzärzte in 10 Ausbildungseinrichtungen. Sie baten die Teilnehmer, Fakultätsmitglieder zu nominieren, bei denen Sie eine Systemzugehörigkeit erkennen. Von 289 Nominierungen identifizierten die Befragten 11 Fakultätsmitglieder. 

In Gesprächen mit diesen 11 Mitgliedern identifizierten Forscher acht gemeinsame Sub-Wesenszüge. Sie:

  1. Identifizieren persönliche und berufliche Mentoren, die für ihre Entwicklung von zentraler Bedeutung sind
  2. Zeigen Großzügigkeit, Selbstlosigkeit, Bescheidenheit, Anpassungsfähigkeit und Entschlossenheit
  3. Bringen Werte zum Ausdruck, die ihr Verhalten anleiten und Kollegen positiv beeinflussen
  4. Zeigen effektive zwischenmenschliche und kommunikative Fähigkeiten
  5. Kultivieren gewollt Fachkenntnis in der Team-Zusammenarbeit
  6. Bleiben in sehr stressigen Situationen ruhig
  7. Wenden kreative Strategien des Systemdenkens an, um Probleme zu lösen
  8. Integrieren eine systembasierte Unterrichtspraxis in die klinische Versorgung

5. Ethik

Primum non nocere ist eine der zentralen ethischen Komponenten des Berufs Wie ein Sermo-Mitglied schrieb, als es darum ging, was einen guten Arzt ausmacht: “Heilen manchmal, lindern oft, trösten immer.” 

Primum non nocere ist das Spiegelbild einer Nichtschädigung und Teil des umfassenderen ethischen Rahmens des Berufes, der Patientenautonomie, Wohltätigkeit und Gerechtigkeit beinhaltet. Ärzte, die sich an dieses ethische Bezugssystem halten, positionieren sich besser, um vernünftige klinische Entscheidungen zu treffen und die Patientenversorgung zu verbessern.

6. Unerschütterlichkeit

Ärzte müssen ihre Toleranz gegenüber Ungewissheiten aufbauen, insbesondere in sehr anspruchsvollen Fachgebieten. Die Unerschütterlichkeit eines Arztes beeinflusst seine persönlichen und beruflichen Ergebnisse. 

Forscher entwickelten eine Ungewissheitstoleranz-Skala (UT) für Ärzte in der Notaufnahme und untersuchten die Verbindung zu Leistung und Ergebnissen. Höhere UT-Werte korrelieren mit einem verbesserten psychologischen Wohlbefinden des Arztes — speziell mit höherer Belastbarkeit und reduziertem Burnout.

Andere Forscher fanden einen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen der Unsicherheit von Ärzten und den von Patienten berichteten Ergebnissen.​ In einer Umfrage unter 217 Ärzten war bei Ärzten, die Unsicherheit gut tolerierten, die Wahrscheinlichkeit bedeutend höher, bezüglich der Patientenzufriedenheit gute Bewertungen zu erhalten. Die Unerschütterlichkeit eines Arztes ist ebenso eng mit einer verringerten Anzahl von Fehlern bei Operationen verbunden. 

7. Wissbegierde

Ein guter Arzt ist immer über Fortschritte in der Medizinwissenschaft informiert und verbessert ständig seine Fähigkeiten, um die bestmögliche Versorgung zu bieten. Wie ein Sermo-Mitglied (Gynäkologin) sagt, ist die Medizin “ein großartiger Beruf, wenn Sie gerne lebenslang studieren.” 

Es ist speziell für Ärzte wichtig, eine das Wissen betreffende Bescheidenheit zu verkörpern. Diese Form der Bescheidenheit ist eines der zentralen Merkmale eines guten Arztes. Wie ein Sermo-Mitglied erklärt: “Die erste Tugend eines guten Arztes sollte Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit sein, zu wissen, wo seine Grenzen liegen. Er sollte maximales Interesse daran haben, die Probleme seiner Patienten zu lösen — auch wenn wir uns dazu auf die Erfahrung und Kenntnisse anderer Kollegen verlassen und dies mit Bescheidenheit anerkennen müssen.”

Neben der Verbesserung der kollegialen Beziehungen verringert eine das Wissen betreffende Bescheidenheit das Risiko für Kunstfehler und verbessert die Arzt-Patient-Beziehung. 

8. Fürsprache

Ärzte haben eine einzigartige Position im Bereich der Patientenanwaltschaft. Wie ein Sermo-Mitglied (Orthopäde) feststellt: “Unsere Erfahrungen an vorderster Front liefern einzigartige Einblicke in die Erfolge aber auch die Defizite der derzeitigen Gesundheitssysteme”.

Die Vertrautheit eines Arztes mit den klinischen Komplexitäten der Patienten, den sozialen Bestimmungsfaktoren der Gesundheit und mit dem Gesundheitswesen in seiner Gesamtheit ermöglicht ihm, für politische Reformen einzutreten und systembedingte Hindernisse zu bewältigen. Eine Kinderarzt erläutert auf Sermo: “Es ist wichtig, dass gesundheitspolitische und ökonomische Entscheidungen von aktiv praktizierenden Ärzten getroffen werden, die regelmäßig Patienten sehen.”

9. Zusammenarbeit

Eine effektive Zusammenarbeit unter Ärzten verbessert die klinischen Ergebnisse und reduziert die Fehlerraten. Sie vermindert ebenso das belastende Arbeitspensum der Ärzte und steigert ihre allgemeine berufliche Zufriedenheit.  

Die Zusammenarbeit umfasst heute ebenso die Online-Medien. Eine globale Sermo-Umfrage unter Ärzten ergab, dass sich mehr als 20 % eine Online-Community wünschen. Hier können Ärzte auf der ganzen Welt die Themen diskutieren, die für sie und ihre Patienten wichtig sind. 

Ein Arzt in einem blauen OP-Kittel legt in einem Untersuchungsraum eine Hand beruhigend auf die Schulter eines Patienten, der ein Krankenhaushemd trägt, was die einfühlsame Betreuung von Krebs verkörpert.

Wie können Ärzte diese Fähigkeiten entwickeln?

Ärzte sollten ihre eigenen Kompetenz- und Wachstumsbereiche berücksichtigen. Mentoring, Selbsteinschätzungen und Beurteilungen durch Fachkollegen können helfen:

Die Beteiligung an einer Community von Fachkollegen — bei der Ärztinnen und Ärzte ihre Anliegen formulieren und routinemäßig Ideen teilen — fördert zusätzlich das Lernen und steigert die Qualität fachlicher Beurteilungen. Und über die Verbesserung der klinischen Kompetenz hinaus erfahren Ärzte mit einem Unterstützungsnetzwerk von Fachkollegen eine sinnvolle Verbesserung des Wohlbefindens. 

Erfahren Sie, was andere Ärztinnen und Ärzte als Kernkompetenzen betrachten 

Die Beschreibung eines hervorragenden Arztes beginnt mit Empathie und eindeutiger Kommunikation, aber es gibt so viel mehr als dies. Der Rat eines Sermo-Mitglieds, einer Gynäkologin aus Frankreich, ist: “Weniger technisch und mehr menschlich sein.”

Ein anderes Sermo-Mitglied und Notarzt aus den USA sagt: “Bitte denken Sie daran, dass Sie Menschen behandeln, jemandes Mutter/Vater, Tochter/Sohn, Schwester/Bruder. Wie würden Sie sich behandeln? Nehmen Sie keine Abkürzungen. Lassen Sie nicht zu, dass Personen, die keine Ärzte sind, klinische Entscheidungen treffen. Stehen Sie für Ihre Patienten und Ihren Beruf ein. Fühlen Sie sich nicht gezwungen, politisch korrekt zu sein. Fordern Sie Dummheit heraus, wenn Sie ihr begegnen.”

Beteiligen Sie sich an der Diskussion. Werden Sie Teil des weltweit größten Online-Netzwerks von Ärzten.